LineageOS
LineageOS (von englisch lineage [ ] „Abstammung“ und OS von englisch operating system) ist ein Android-Custom-ROM und Betriebssystem für Smartphones und Tabletcomputer, welches auf Android basiert. Es ist eine Modifizierung des von Google entwickelten Betriebssystems AOSP (Android Open Source Project) und der Nachfolger des eingestellten CyanogenMod. LineageOS ist freie Software und wird von einer Gemeinschaft Freiwilliger entwickelt, die das Betriebssystem gratis zum Herunterladen bereitstellt. Im Mai 2024 belief sich die Anzahl der aktiven Installationen von LineageOS auf 3,42 Millionen, während 231 Android-Geräte unterstützt wurden.[2][3] GeschichteCyanogenMod und Gründung von Cyanogen Inc.Am 25. Mai 2009 veröffentlichte Stefanie Kondik (Benutzername: Cyanogen, damals als Steve Kondik) im Forum der XDA-Developers-Gemeinschaft die Android-Modifizierung CyanogenMod. Diese wurde im Laufe der folgenden Jahre als Community-Projekt weiterentwickelt und fand großen Zuspruch. 2013 erhielt Stefanie Kondik von den Venture-Capital-Fonds Benchmark Capital und Redpoint Ventures 7 Millionen US-Dollar Finanzierung mit dem Ziel, die kommerzielle Nutzung des Betriebssystems zu monetarisieren, zum Beispiel für die Installation von CyanogenMod ab Werk durch die Hardwarehersteller entsprechender Smartphones. Kondik gründete daraufhin das Startup-Unternehmen Cyanogen Inc., das von seinem Mitgründer Kirt McMaster als CEO geleitet wurde.[4][5] 2015 war CyanogenMod mit mehr als 50 Millionen Nutzern weltweit das am weitesten verbreitete Community-basierte Android-Derivat.[6] Geschäftlicher Misserfolg von Cyanogen Inc.Cyanogen Inc. vermochte zwar Verträge mit einigen Hardware-Produzenten abzuschließen, jedoch schlug der Versuch der Kommerzialisierung des Projekts fehl. Unter anderem trugen auch unternehmensinterne Unstimmigkeiten zum Misserfolg bei.[7] Im Juli 2016 wurde Cyanogen Inc. von den Investoren grundlegend restrukturiert. Die Folge waren weitreichende Entlassungen, die unter anderem die gesamte Abteilung für die Betriebssystem-Entwicklung betrafen.[8] Kondik selbst wurde hierarchisch degradiert. Am 11. Oktober 2016 wurde der CEO McMaster entlassen und durch Lior Tal ersetzt.[9] Am 30. November 2016 verließ auch Kondik das Unternehmen.[7][5] Am 23. Dezember erklärte Cyanogen Inc. offiziell die Einstellung ihrer Dienste bis spätestens zum 31. Dezember 2016, sicherte jedoch zu, dass der Quellcode weiterhin für jeden bereitgestellt würde, „der CyanogenMod persönlich bauen möchte“.[10] Abspaltung des CyanogenMod-QuellcodesNur einen Tag später, am 24. Dezember 2016, erklärten einige der Stamm-Entwickler öffentlich, dass sie den frei verfügbaren Quellcode von CyanogenMod forken und in Form eines neuen Projektes weiterentwickeln würden. Dies solle – wie schon der Vorgänger CyanogenMod – gemeinschaftlich und als Freie Software geschehen.[11] Einen weiteren Tag später lud die Gemeinschaft eine Kopie des CyanogenMod-Quellcodes auf GitHub hoch, was als Erscheinungsdatum von LineageOS gilt. Da Cyanogen Inc. die Namensrechte an CyanogenMod markenrechtlich für sich gesichert hatte, musste ein neuer Name für das neue Projekt gewählt werden: LineageOS. Lineage bedeutet auf Englisch Abstammung bzw. Abstammungslinie. Dieser Name wurde bewusst im Hinblick auf die Abstammung von CyanogenMod gewählt. Am 22. Januar 2017 wurden die ersten beiden offiziellen Versionen von LineageOS freigegeben: Version 13.0 und 14.1, die jeweils auf CyanogenMod 13.0 (Android 6.0) bzw. 14.1 (Android 7.1) basieren, wobei die Versionsnummerierung von CyanogenMod beibehalten wurde und seitdem fortgeführt wird. Seitdem erscheinen regelmäßig kleinere Updates als sogenannte nightly builds.[12] EntwicklungLineageOS hat viele Eigenschaften von CyanogenMod übernommen. So wird weiterhin Gerrit zur Prüfung des Quellcodes verwendet. Auch bei der Namensgebung orientiert sich LineageOS an den Versionsnummern von CyanogenMod. So entspricht Android 7.1 der LineageOS-Version 14.1. Am 23. Januar 2017 erschienen die ersten offiziellen Versionen von LineageOS, zunächst jedoch nur als Nightly Build. Neben den von LineageOS zur Verfügung gestellten offiziellen Versionen existieren viele inoffizielle Ports auf Basis dieses Systems. Eine gängige Anlaufstelle für Entwickler dieser inoffiziellen Versionen ist etwa das Forum der XDA Developers. Seit der Version 17.1 wird eine eigene Recovery-Implementierung für Standardinstallationen bereitgestellt. Andere Implementierungen können aber weiterhin verwendet werden.[13] InstallationLineageOS kann auf diversen Android-Smartphones installiert werden, die einen entsperrten Bootloader haben.[14] Dabei wird mit Hilfe eines Tools wie beispielsweise Fastboot über den Bootloader ein Custom-Recovery, in früheren Versionen war dies z. B. Team Win Recovery Project (TWRP)[15] oder in neueren Versionen in Form eines eigenen, von LineageOS zur Verfügung gestellten Recovery, programmiert und in Folge gestartet. Mit diesem Recovery kann dann das entsprechende LineageOS-Installationspaket in Form eines sogenannten Sideload in den Flash-Speicher des Mobilgerätes programmiert werden. Die LineageOS-Images bringen im Gegensatz zu dem Vorgänger CyanogenMod keine Root- bzw. SuperUser-(SU)-Rechte für Anwendungen mit, ebenso fehlen den LineageOS-Versionen aus lizenzrechtlichen Gründen jegliche Google-Apps (GApps). Die Möglichkeit zu SuperUser mittels Zusatzprogrammen wie Magisk und die GApps können jedoch als separate ZIP-Archive heruntergeladen und mit Hilfe des Recovery nachinstalliert werden.[16][17] Eine der Hauptanwendungen für SuperUser ist der Einsatz von Firewalls wie AFWall+ am Mobilgerät, welche es den Anwender ermöglichen, den Netzwerkzugang selektiv bestimmten Anwendungsprogrammen zu erlauben oder zu verbieten. Diese Funktion ermöglicht LineageOS ohne Zusatzprogramme über die Rechteeinstellung der Anwendungsprogramme in der Grundausstattung. VersionsgeschichteLineageOS führt die Nummerierung von CyanogenMod fort.
Üblicherweise werden schon vor dem offiziellen Release der nächsten Version für manche Geräte inoffizielle Builds auf Community-Seiten (wie XDA Developers) angeboten. AbspaltungenAndroid-ROMs auf Basis von LineageOSEs gibt zahlreiche Abspaltungen von LineageOS, um den Installations- und Benutzerkomfort sowie den Datenschutz und die Sicherheit gegenüber einer Standardinstallation von LineageOS zu erhöhen:
SonstigesIm Juli 2019 gelang es inoffiziellen Entwicklern, LineageOS auf die Nintendo Switch zu portieren (sogenannte Homebrew-Software). Das Projekt trägt den Namen Switchroot.[42][43] Rezeption und KritikGolem.de berichtet im April 2022 über Sicherheitsprobleme bei LineageOS. Ein zentrales Problem ist der offene Recovery-Modus sowie der offene Bootloader, der ungewollte Systemänderungen und die Installation von Schadsoftware ermöglicht. Der Recovery-Modus stellt ein eigenständiges Betriebssystem neben dem Android-Hauptsystem dar. Es ermöglicht die Erstellung von Backups, die Behebung von Fehlern sowie die Reparatur, Löschung oder Ersetzung des Android-Systems. Ein weiteres Problem ist die fehlende Unterstützung von Verified Boot, einer Funktion, die das System bei jedem Start auf Veränderungen überprüft. Hinzu kommt, dass Sicherheitsupdates oft verspätet ausgeliefert werden. Besonders betroffen sind ältere Geräte, die oft verspätet oder gar nicht mit Updates versorgt werden.[44][45] Dieser Kritik an LineageOS steht entlastend gegenüber, dass auch vom Hersteller eingesetzte Android-Versionen über einen vorinstallierten Recovery-Modus verfügen; dies ist also keine Spezialität von LineageOS.[46] Offene Bootloader sind darüber hinaus technisch unabdingbar, um überhaupt auf einem Smartphone ein alternatives Betriebssystem installieren zu können.[47] Die LineageOS-Community bietet für alle "offiziell" unterstützten Geräte zumindest wöchentliche, meist tägliche Updates, über die der Benutzer wahlweise täglich, wöchentlich oder monatlich benachrichtigt wird.[48] Eine Liste der offiziell unterstützten Geräte kann auf der LineageOS-Webseite eingesehen werden.[49] Mike Kuketz, Lehrbeauftragter für IT-Sicherheit an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe, kam nach umfangreichen Tests im April 2023 zu einem ähnlichen Ergebnis wie Golem.de. Für Kuketz macht LineageOS keinen besonders datenschutzfreundlichen oder sicheren Eindruck. Trotz des Verzichts auf die Google-Play-Services sei das System immer noch eng mit Google-Diensten verknüpft. Seiner Ansicht nach hängt die Qualität von LineageOS auf einem bestimmten Gerät stark von den Fähigkeiten und dem Engagement des jeweiligen Maintainers ab. Außerdem bemängelt er, wie auch Golem, dass die Installation von LineageOS im Vergleich zu sicherheitsbewussteren Custom-ROMs wie CalyxOS, GrapheneOS oder iodéOS mehr Aufwand erfordert.[50] Im Gegensatz zu vielen Herstellern, die nach einigen Jahren alle Updates für das Android-Betriebssystem der von ihnen verkauften Smartphones einstellen, erhalte der Nutzer bei LineageOS auch nach vielen Jahren weiter Updates, wie Mike Kuketz feststellt: "Leider stecken viele Anwender in einem Dilemma: Einige Smartphone-Hersteller schaffen es oftmals nicht, zeitnah Updates für ihre herstellerspezifischen Android-Versionen bereitzustellen oder unterstützen ältere ihrer Geräte einfach aus Kostengründen nicht mehr."[50] Kuketz stellt jedoch fest, dass der Patch-Level mancher LineageOS-Smartphones nicht immer aktuell ist und die Qualität "maßgeblich durch die Fähigkeiten und den Einsatz des Maintainers beeinflusst [wird]".[50] Ältere Smartphones erhielten zudem oft keine Sicherheitsupdates für proprietäre Softwarekomponenten mehr.[50] Dies liegt in der technischen Natur freier Software begründet, da der Quellcode dieser nicht-freien bzw. proprietären Komponenten vom Hersteller geheim gehalten wird. Stellt der Hersteller die Updates ein, so kann das LineageOS-Projekt auch keine Updates mehr für diese Komponenten bereitstellen. Kuketz nennt als Beispiel hier Firmware[50], wenngleich dieser Begriff allgemein gehalten ist; vielmehr sind von ihm wohl spezifische Firmwares wie z. B. Kamerafirmware gemeint. Kuketz hebt hingegen in seinem Artikel besonders den Datenschutzaspekt von LineageOS positiv hervor: "Der Verzicht auf die Google-Play-Dienste geht übrigens mit einer erheblichen Steigerung der Privatsphäre einher."[50] WeblinksCommons: LineageOS – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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